3.102 Telefunken, Berlin

Telefunken Berlin 01 Radiotechnik

 

Wie es zu „Telefunken" kam, wurde bereits in Kapitel 1.4. dargelegt. Zur Ergänzung dient das nachstehend reproduzierte Originalschreiben, aus dem hervorgeht, dass die Herstellung von Sende- und Empfangsanlagen nicht Sache von Telefunken sei, vielmehr deren Entwicklung, Fertigungs-Koordination sowie das Patent-, Angebots- und Vertriebswesen. Einer Liebesbeziehung zwischen AEG und Siemens war das Töchterlein nicht entsprungen, deshalb hatte die Gesellschaft für drahtlose Telegraphie auch mit dem Aufgabenbereich „Fertigungs-Koordination" wenig Freude. Die beiden Mutterfirmen sahen sich nach wie vor als Konkurrenten, hatten ihre eigenen Vorstellungen und die Telefunken-Verantwortlichen, welche sich zu allem Überfluss auch noch eine eigene Meinung leisten wollten, hatten dazwischen keinen leichten Stand.

 

Telefunken Berlin 02 Radiotechnik

 

Telefunken Berlin 03 Radiotechnik

 

Telefunken Berlin 04 Radiotechnik

 

Der Vorstand der Gesellschaft bestand aus den Herren Georg Graf von Arco und Georg Wilhelm Bargmann, der fürs Kaufmännische zuständig war und nicht groß in Erscheinung trat.
Vom technischen Direktor kann man das nicht behaupten. Graf von Arco fühlte sich als Galionsfigur der Firma und nicht wenige glaubten, sie sei sein höchstpersönlicher Besitz. Nicht „Seine Exzellenz" wurde der stets grimmig dreinblickende Chefingenieur von seinen Untergebenen scherzhaft genannt, sondern „Seine Hochfrequenz" Graf von Arco.

 Und wo bleibt der mit Telefunken ebenso verbundene Hans Bredow? Der begann damals im Jahr 1903 eben erst seine berufliche Laufbahn bei der AEG. Aber schon 1908 wurde er zum kaufmännischen Direktor der Telefunken GmbH berufen. Soviel zu den Personalien; später gab es in der Geschäftsleitung noch manchen Wechsel. Telefunken projektierte Großsender sowie Funkgeräte für die Seefahrt und das Militär. Damit war die Firma im ersten Weltkrieg voll ausgelastet.

 

Telefunken Berlin 06 Radiotechnik

 

Inserat aus: „Der Deutsche Rundfunk", 4. Mai 1924. Ursprünglich wurde eine „Rundfunk-GmbH" gegründet - zum Vertrieb der Radios des von den Firmen Telefunken, Lorenz und Huth geplanten Kartells. Das konnte verhindert werden und es verblieb die „Rundfunk-Vertriebs-AG" als Telefunken-Generalvertretung.

 

Telefunken Berlin 05 Radiotechnik

Inserat aus der:  „ETZ", September 1917. Bei Telefunken arbeiteten schon in den Anfangszeiten einige „allererste Kräfte", z.B. Georg Seibt, Sigmund Loewe und andere. 

 

Nach dem Krieg fehlten die gewinnbringenden Aufträge und Telefunken hoffte Anfang der Zwanziger auf die baldige Einführung des Rundfunks, der doch den Radiofirmen in Amerika so beachtliche Umsätze bescherte. 1923 war es dann so weit. Die „Deutsche Weltmarke" glaubte jedoch zunächst, aufgrund der Patentlage alleine von dem Geschäft profitieren zu können und wollte höchstens die zwei weiteren Patentbesitzer Lorenz und Huth ins Boot holen. Die bereits 1923 gegründete Rundfunk-GmbH (siehe Inserat im Kapitel 1.4) stieß aber auf den erbitterten Widerstand in den Ministerien und bei den Mitbewerbern - ein Monopol wollte doch außer Telefunken niemand.

 

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Inserat aus: „Der Deutsche Rundfunk", Heft 1, Januar 1924

  

Telefunken Berlin 08 Radiotechnik

Telefunken erhielt die RTV-Zulassung im Oktober 1923. Die hätte das Unternehmen eigentlich gar nicht gebraucht, weil im eigenen Hause keine Serienfertigung beabsichtigt war. Die von Telefunken entwickelten Rundfunkgeräte wurden in den Häusern AEG und Siemens produziert, und die waren bezüglich konstruktiver Details nicht immer einer Meinung. AEG baute elektrotechnische Maschinen und Anlagen, Siemens war auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik zu Hause und Telefunken vertrat eigene Ansichten, die oft mit denen der beiden Mütter nicht so richtig harmonieren wollten. Die so genannten D-Züge der drei Firmen waren noch qualitativ vergleichbar. Schaltungstechnisch identisch, wiesen sie nur gestalterische Unterschiede auf.

 

Telefunken Berlin 09 Radiotechnik

Die kleine Skizze oben zeigt die erste Bauform des Telefunkon A im schwarzen Eichengehäuse — es war auch in Mahagoni zu haben. 1924 erschien das Steilpultmodell — ebenfalls als Telefunkon A — in mahagonigefärbtem Edelholz. Auf ihm steckt ein Polytektor, der jedoch erst 1925 auf den Markt kam. Der passende Kopfhörer: ein Telefunken EH 333.

 

Anfangs bediente sich die Weltmarke in ihrer Typensystematik des Alphabets. Die sogenannte „Telefunkon"-Modellreihe begann mit den Detektor-Typen „A", ihnen folgte das Einröhren-Audion „B" mit dem Zweiröhren-NF-Verstärker „C" usw.:

 

Telefunkon A = Detektorapparat (wurde in zwei Bauformen hergestellt)
Telefunkon B = Audion mit freier Rückkopplung (nur für Export, ohne RTV-Zulassung)
Telefunkon C = Zweiröhren-Niederfrequenzverstärker
Telefunkon D = Audion-Verstärker-Kombination für Amateure (Exportgerät)
Telefunkon E = Amateur-Exportgerät (Audion mit RE 58)
Telefunkon F = Abstimm-Vorsatzgerät für die Audions B und G
Telefunkon G = Audion mit zwangsgeführter Rückkopplung (von der RN zugelassen)
Telefunkon G 2= erweiterter Empfangsbereich (über 700 m) durch Steckspulen
Telefunkon H = Kraft-Endstufe mit OR, bzw. RE 87
Telefunkon I = nicht belegt
Telefunkon K = Hochfrequenzverstärker Telefunkon
Telefunkon K 2 = erweiterter Empfangsbereich (über 700 m) durch Steckspulen
Telefunkon L = nicht belegt
Telefunkon M = nicht belegt
Telefunkon N = Detektor-Reflexempfänger
und Zusatz SV = Spulenvariometer zu den Telefunkon-Modellen B, D und K

 

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Ein Telefunken-„D-Zug", bestehend aus dem (passiven) Abstimm-Vorsatz Telefunkon F, dem Audion Telefunkon G (mit zwangsgeführter Rückkopplung) und dem zweistufigen NF-Verstärker Telefunkon C. Die meisten D-Zug-Teile wurden in schwarz geliefert, nur selten findet man sie mahagonifarbig.
(Sammlung K.H. Kratz)

 

Telefunken Berlin 11 Radiotechnik

 

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Warum die hier abgebildete Kombination Telefunkon D nicht am Anfang aller Telefunken-Empfangsgeräte steht, das wissen wir nicht. Es handelt sich nämlich um die amerikanische Westinghouse/RCA-Entwicklung, die Telefunken aufgrund eines 1921 abgeschlossenen Patentabkommens nachbauen durfte. Schon vor Beginn des Rundfunks wurden solche Geräte gefertigt und (meist englisch beschriftet) exportiert. In Deutschland waren sie für Amateure gedacht, bzw. - unter der Typenbezeichnung E 304 - für die kommerzielle Verwendung. Sie erhielten die amerikanischen Bajonett-Röhrenfassungen und wurden mit den eigens von Telefunken dafür gebauten Röhren RE 58 oder RE 88 bestückt. Mehrheitlich findet man Geräte dieser Bauart (auch den E 304) ohne das Telefunken-Emblem - teilweise handelt es sich um Westinghouse-Produkte.

 

Telefunken Berlin 13 Radiotechnik

1925/26 war's vorbei - mit den teuren Einheits-Bausteingeräten. Da kamen Erzeugnisse recht unterschiedlicher Qualität auf den Markt. Telefunken versuchte es zunächst mit einem billigen „D-Zug", den sie (nach ihrem Chefingenieur Georg Graf von Arco): „Die Rundfunkgeräte der Arcon-Reihe" nannte. Sieben Typen waren es:

 

Arcon DE = Detektorempfänger
Arcon NV = Niederfrequenz-Verstärker
Arcon NZ = Zweiter NF-Verstärker
Arcon DR = Detektor-Reflexempfänger
Arcon HV = Hochfrequenz-Verstärker
Arcon HR = HF-Reflexverstärker
Arcon SK = Selektiv-Koppler 

 

Diese Geräte konnten in verschiedenen Zusammenstellungen betrieben werden, nur — ein Detektor-Bauteil musste stets dabei sein, weil Telefunken in der Arcon-Reihe kein Audion vorgesehen hatte. Den Berliner Vertriebsleuten dämmerte es wohl, dass dieser Mangel die Ursache für den Misserfolg der Arcon-Serie hätte sein können. In der Telefunken-Rundschau vom Dezember 1925 findet man — kaum zu glauben — eine Anleitung darüber, wie der „Arcon DR" zum Audion mit Rückkopplung umgebaut werden kann.

 

Telefunken Berlin 14 Radiotechnik

 

Dieser „D-Zug" im Bild besteht aus den Teilen: Arcon DE, Arcon NV und Arcon NZ. Dahinter steht der Telefunken-Trichterlautsprecher EH 329 (mit falschem Trichter-Oberteil). Zusammengefasst ist es ein Primär-Detektorapparat mit zweifacher Niederfrequenz-Verstärkung für die Lautsprecherwiedergabe.

 

Telefunken Berlin 15 Radiotechnik

 

Die Skizze links oben zeigt den Anschlussplan des kleinen „D-Zugs". Wesentlich komplizierter wird's bei der Kombination größerer Arcon-Bausteine wie z.B. „HV" mit „HR" und „DR".

  

Telefunken Berlin 16 Radiotechnik

 

Die Bausteine aus der Arcon-Serie konnten auch in anderer Zusammenstellung zu Verstärkerzwecken verwendet werden. In diesem Beispiel wurde ein Detektorapparat Telefunken 1 (es könnte auch ein anderes Fabrikat sein) mit dem Arcon HR kombiniert. Vor dem Detektor verstärkt er die Hochfrequenz, danach in Reflex-Funktion die Niederfrequenz. Und so macht er aus dem Detektorempfänger einen Zweikreiser mit NF-Verstärkung. Die Zusammenschaltung war nicht ganz einfach - ein Schaltplan war unbedingt nötig.

  

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Die Arcon-Komponenten waren nicht die einzigen, in Billigbauweise aufgebauten Telefunken-Geräte. Während die AEG ihren schönen Fünfröhren-Dreikreis-Empfänger Geadyn BL auf den Markt brachte, und Siemens den vorbildlich aufgebauten Rfe 10, schufen die Telefunken-Entwickler den weniger professionell aufgebauten Telefunkon 3 und seine Nachfolger 3/26 bzw. 3/26 a.

Mit dem Detektor-Reflexempfänger „N" (siehe Tabelle Seite 4) hatte Telefunken die Buchstabenreihe abgeschlossen. Nach der Arcon-Serie gab es zunächst keine Typensystematik. 1926 bediente sich Telefunken des griechischen Alphabets und 1927 folgte die Zahlenreihe, beginnend mit dem Detektorgerät Telefunken 1. Der oben abgebildete Telefunkon 3 war aber schon 1925 auf dem Markt — er gehörte also noch nicht zur Zahlenreihe. Es war Telefunkens erstes Dreiröhrengerät, das schließlich die Bausteinserien ablöste. Ein Zweikreis-Dreiröhren-Reflexempfänger steckte in dem Steilpultgehäuse, er wurde nicht sorgfältiger aufgebaut, als die Geräte der Arcon-Serie. Das Anfangs- Modell des Telefunkon 3 war noch mit Telefunken-Röhrenfassungen ausgestattet, empfohlen wurden: eine RE 78 und zwei RE 83. Zur Heizspannungskontrolle diente ein umschaltbares Voltmeter, auf das die Nachfolgetypen 3/26 bzw. 3/26 a verzichten mussten. 

 

Telefunken Berlin 18 Radiotechnik

 

Im Telefunkon 3 von 1924/25 war der Spulensatz gemäß den gesetzlichen Bestimmungen für den Empfang von Wellen bis 700 m fest eingebaut. Nach Freigabe der Wellenbereiche wollte der Hörer aber auch Langwellen empfangen. Darüber abgebildet ist das Telefunken-Nachfolgemodell Telefunkon 3/26 a mit der „Spulen-Schublade". Neben dem Empfänger liegen zwei Wechsel-Einschübe für 210 bis 530 und 1.300 bis 3.000 m Wellenlänge. Der Spulensatz für 600 bis 1300 m steckt im Gerät. Anstelle der Röhren mit Telefunkensockel wurden 1926 solche mit Europasockel eingesetzt.

 

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Bild aus dem „Funk-Almanach" 1925: Darauf war Telefunken mächtig stolz, Owen D. Young hörte auf seinem Zimmer im Hotel AdIon, Berlin, am Telefunkon 3 in der Luxus-Schatulle. Offensichtlich aber war der Empfang mittels Kopfhörer besser.

 

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 Telefunken Berlin 21 Radiotechnik

 

Man konnte - wenn Geld keine Rolle spielte - den Telefunkon 3 auch in verschiedenen Truhengestaltungen (auch mit eingebautem Lautsprecher und Batterien) bestellen und es gab davon sogar eine langgestreckte Bauart, den so genannten „Sportempfänger" zum Gebrauch auf Booten oder im Automobil, wo er federnd eingehängt wurde.

 

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1926 führte Telefunken die griechische Buchstabenserie ein. Alpha bis Epsilon (vielleicht noch weitere) waren für Röhrengeräte vorgesehen, Zeta für den Detektorapparat (siehe AEG „DT").
Der Zweiröhren-Einkreiser Alpha wurde 1926 mit dem Telefunken-Emblem und dem Portrait des Grafen von Arco dekoriert. Statt des Abstimm-Drehkondensators enthält das Gerät eine sehr interessante Variometer-Kombination mit zwei schwenkbaren Koppelspulen (Antennen- und Rückkopplung). Die Kreiskapazität wird in Stufen geschaltet. Im Hintergrund: der erste Telefunken-Falzmembran-Lautsprecher Arcophon, baugleich mit dem Protos von Siemens.

  

Telefunken Berlin 23 Radiotechnik

Der Blick ins Innenleben des Alpha offenbart eine Bauweise, die auch von einem versierten Bastler hätte stammen können. Als das Gerät aber auf der Berliner Funkausstellung den Radiohändlern angepriesen wurde, kamen die Telefunken-Vertriebsleute zu der bitteren Erkenntnis: Die Grenzen der Billigbauweise zu überschreiten, kann böse Folgen haben - diesmal ging der Schuss daneben. Vielleicht hätte der zum Preis von 87 Mark angebotene Alpha (zuzügl. Röhren) noch Chancen gehabt, wenn da nicht auch der Loewe OE 333 auf der selben Messe die ganze Aufmerksamkeit des Fachpublikums an sich gezogen hätte. Der war mit seinem Preis von 39.50 RM nicht halb so teuer wie der mit nur zwei Röhren bestückte Alpha.

 

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Telefunken Beta mit den Röhren RE 064, RE 054 und RE 154. (Deutsches Rundfunk-Museum, 27 TE 00 H)

 

Nachdem dieses Modell auch im Weihnachtsgeschäft nicht gefragt war, wurde es im Januar 1927 mit einer weiteren Röhre ausgestattet und als Beta in den Handel gebracht. 110.- Mark (zuzügl. Röhren) sollte das Dreiröhrengerät nun kosten - mit diesem Preis blieb auch der Beta ein Ladenhüter. Und die neue technische Konzeption mit dem Variometer und den schaltbaren Kreiskapazitäten konnte auch nicht als Fortschritt betrachtet werden. Ähnliches versuchte Siemens noch mit dem Ver- fahren der gleichzeitigen Kapazitäts- und Induktivitätsveränderung in seinem 1929er Rfe 32 und in den folgenden Modelle mit der Riesenskala. Derartige „Einbereichsgeräte" entpuppten sich aber auch als vorübergehende Erscheinung.

 

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Völlig aus der Art schlug 1926 der Fünfröhren-Neutrodyn-Dreikreiser Telefunken 8 bzw. Gamma - der aber war mit seinem professionellen Aufbau auch nicht für den Durchschnitts-Kunden bestimmt und ist deshalb in kaum einem Katalog zu finden. Dieser hochwertige Telefunken-Empfänger zum Preis von 550.- Mark könnte (mit seinen drei Spulenanordnungen) als Vorläufer des T 9 betrachtet werden. „Ein Mercedes unter den Rundfunkgeräten von elegantester Ausführung und raffiniertester Konstruktion" - schreibt Telefunken im Prospekt. Mit diesem Gerät verließ Telefunken wieder das griechische Alphabet.

 

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Arcolette heißt der Dreiröhren-NF-Widerstandsverstärker von 1927, der durch Aufstecken des Flachspulen-Abstimmvariometers zum Ortsempfänger erweitert wurde. Anstelle dieser Einheit konnte auch ein mit Schwenkspulen versehenes Vorsatzgerät verwendet werden. Damit wurde die Arcolette zum Dreiröhren-Rückkopplungsempfänger.

Fast fällt die Vorstellung schwer, dass aus dem Hause der fiihrenden deutschen Funk- und Radiofirma das nachfolgend abgebildete, unscheinbare Gerätchen kommen konnte. Warum Telefunken so etwas auf den Markt brachte? Es war der Loewe-Ortsempfänger mit der integrierten Widerstandsverstärkerröhre, welcher 1926/27 mit seinem damals nicht fiir möglich gehaltenen Preis von RM 39.50 die Branche aufgescheucht hatte. Graf Arco zögerte lange, ob er den jungen Baron von Ardenne besuchen sollte, welchen er als des Übels Urheber ausgemacht hatte. In seinen Memoiren schrieb Ardenne: „ Graf Georg Arco suchte mich in Begleitung Dr. W. Runges ... im Laborzimmer in der Hasenheide auf.. Als Folge seines Besuches nahm Telefunken die Fertigung meines Gerätes (Arcolette) auf". Des Grafen Pendant zum OE 333 (eigentlich NF 333) war also diese „Keksdose", deren Preis ebenfalls auf 39.50 reduziert wurde, und die, wie der Loewe OE 333 ohne Spulen, aber auch ohne Drehko angeboten wurde. Zum Radio wurde das Ding erst, wenn man ein Scheiben-Variometer mit eingebauter RC-Gitterkombination zum Preis von 7.50 ansteckte.

 

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Schnell wurde man gewahr, dass dieses Gebilde nichts gegen den Siegeszug des Loewe-Volksradios ausrichten konnte und die Telefunken-Gesellschaft suchte ihr Heil in der unverzüglich nachgeschobenen Arcolette 3. An der „Keksdose" waren dann eher die experimentierfreudigen Bastler interessiert. Die konnten dazu von Telefunken ein schönes Anleitungsbuch bekommen. Mit dem ebenfalls 1927 erschienenen Detektorapparat T 1 und der Batterie-Arcolette 3 hatte sich Telefunken für die Typen-Nummerierung mittels arabischer Zahlen entschlossen:

 

T 1 = Detektorapparat (wie Siemens Rfe 20)
T 2 = unbekannt
T 3 = Arcolette (Batterie)
T 4 = Vierröhren-Zweikreis-Batteriegerät
T 4 a = vorbereitet für Wechselstromanschluss
T 5 = Dreiröhren-Netzanschlussgerät (Wandapparat, wie AEG-Geatron I)
T 6 = unbekannt
T 7 = unbekannt
T 8 = Fünfröhren-Dreikreiser Gamma
T 9 r- Fünfröhren-Dreikreiser
T 9 a = vorbereitet für Wechselstromanschluss
T 10 = Dreiröhren-Einkreiser 1928 offene Bauart

 

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Ebenfalls 1927 erschien die Arcolette 3, auch ein Dreiröhren-Batteriegerät, aber mit eingebauten Spulen für Mittel- und Langwellenempfang. Die beiden Trommelskalenräder dienen der Abstimmung und Rückkopplung, mit dem Schieber wird der Wellenbereich umgeschaltet. Dieser attraktive Einkreiser wurde - im Gegensatz zur „Keksdose" - als „Radio" akzeptiert und gut verkauft. Neben dem Empfänger steht der passende Falzmenbran-Lautsprecher, der bei Telefunken Arcophon 4 Z und bei Siemens (ohne Blümchen) Simplex genannt wurde.

 

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Die erfolgreiche Telefunken-Arcolette-Familie: Rechts vorn die Arcolette 3. Links davon: In der gleichen Konzeption die Gleichstrom-„Rucksack"- Type 31 Ga, die erstaunlicherweise erst 1930 als Nachfolger des dahinter stehenden Typs 31 G auf den Markt kam. Das 1929er Wechselstromgerät 30 W (hinten, mit geöffneter Klappe) bekam Skalen-Feintriebe, welche beim 3 W von 1928 (ganz rechts) noch fehlten. Nachdem Telefunken mit der Arcolette 3 gut ins Geschäft gekommen war, wurden die Gehäuse dieser Bauform nach hinten erweitert, um darin verschiedene Netzanschlussteile unterzubringen. 1928 bis 30 standen diese „Netzbetriebenen" in den Katalogen.

 

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Vorn im Bild steht der viel verkaufte kleine, aber noch mit billigen Bauteilen ausgestattete Vierröhren-Zweikreisempfänger T 4, dahinter der empfangsstarke Dreikreiser T 9. Beide waren 1927 für Batteriebetrieb zu haben. Im Folgejahr erhielten die Typen T 4 A bzw. T 9 A fünfpolige Sockel zur Verwendung indirekt geheizter Röhren, damit sie über ein Stromversorgungsgerät auch vom Wechselstromnetz gespeist werden konnten. Und dann gab es den Dreikreiser als Netzanschlussgerät T 9 W bzw. T 90. Der blieb auch 1929/30 „Telefunkens Bester. Zurück ins Jahr 1927 - da gab es außer den Dreiröhren-Einkreis-Batteriegeräten noch im schönen Edelholz-Schrägpultgehäuse den Vierröhren-Zweikreiser T 4 und das Telefunken-Glanzstück: den Fünfröhren-Dreikreiser T 9; auch diese beiden noch für Batteriebetrieb.

 

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    Telefunken Berlin 33 Radiotechnik

Der T 9 wurde im AEG-Werk gefertigt, und die dort tätigen Techniker hatten Humor.Sie nannten das Gerät den „Ozeandampfer mit den drei Kupfer-Schornsteinen".

 

W.T. Runge,  der Leiter des Empfänger-Laboratoriums, hatte sich persönlich um die Entwicklung gekümmert und bei der Konstruktion des T 9 mittels verbesserter Messmethodik wissenschaftliche Erkenntnisse einfließen lassen. Man kann diese Schöpfung - das Innenleben zählt auch vom optischen her zu den Leckerbissen — als Markstein bezeichnen, mit dem Telefunken (die Geradeausempfänger betreffend) den Rückstand zur amerikanischen Technik wett machte. Zu viel des Lobes? Dem skeptischen Leser sei verraten,  dass die Telefunkenleute selbst einige Schwachpunkte entdeckt hatten, zum Beispiel in der Lautstärkeregelung und beim Wellenschalter. Auch im NF-Verstärkerteil saß gelegentlich der Wurm (statt des bewährten KörtingÜbertragers war das eigene Fabrikat eingesetzt worden).  Deshalb empfahl Telefunken, den NF-Trafo gegen eine  Widerstandsverstärkerschaltung auszutauschen, und versandte auch eine Anleitung zur Behebung der Wellenschalter-Kontaktstörungen, die ans Unzumutbare grenzte.  Indes - solche „kleinen" Pannen sollen nicht das Gesamtbild dieses Schmuckstücks trüben. Auch der T 9 W konnte sich sehen lassen. Es war ein hochwertiger Neutrodyn-Empfänger, der bis 1930 noch als Referenzgerät im Telefunken-Programm galt - wo doch bereits der neue und moderne Zweikreiser 40 Win den Schaufenstern stand.

 

Telefunken Berlin 34 Radiotechnik

 

Der „39.50 RM-Ortsempfänger" hatte auf dem Radiomarkt Wurzeln geschlagen - viele kleinere Radiohersteller verdienten mit ihren schlichten Dreiröhren-Kästchen an dem Kauf-Boom — wenn auch nicht viel. Schließlich meinte auch Telefunken, nochmals ein solches Billiggerät offerieren zu müssen. Weil man es nicht einfacher aufbauen konnte, als dies die Konkurrenz vorgemacht hatte, gestaltete auch die deutsche Weltmarke - zur Freude der heutigen Sammler - 1928 ihren T 10 mit außen aufgesteckten Spulen und Röhren und verkaufte ihn — natürlich — zum festgefahrenen Preis von 39,50 RM. Doch seinen Konkurrenten war das Telefunken-Modell, welches bis 1931 in den Katalogen stand, schon eine Nasenlänge voraus. Es konnte auch — bestückt mit indirekt geheizten Röhren - über das links stehende (in der Arcolette 3 W eingebaute) Netzanschlussgerät A ans Wechselstromnetz angeschlossen werden. Der T 10 war auch als Grannmophonverstärker zu verwenden. Zur Beschallung größerer Cafes oder Säle gab es ergänzend den Kraftverstärker KV 11 (im Bild hinten rechts). Bei Siemens hieß er baugleich Rfv.12.

Schon mehrmals wurde erwähnt, dass Loewe 1926 mit dem OE 333 den Markt in Aufruhr gebracht hatte. Telefunken konnte dem 1926 nichts entgegensetzen - die Arcolette 3 war nicht das geeignete Gerät, das Loewe hätte in die Knie zwingen können. Es blieb nichts anderes übrig, als sich den Gegebenheiten anzupassen und selbst ein ansehnliches Dreiröhren-Gerät zum Preis von 39.50 Mark zu offerieren. Der T 10, Baujahr 1928, war dann auch nichts anderes als ein Radio der Bauart, wie es viele andere Firmen schon 1927 auf den Markt gebracht hatten.

 

Telefunken Berlin 35 Radiotechnik

 

Am 31. Mai 1928 feierte Telefunken das 25jährige Jubiläum. Nicht nur der Prachtband mit zahlreichen Lobeshymnen zeugt davon. Im Kreise einer erlauchten Gesellschaft wurde in den luxuriösen Sälen des Berliner Hauses „Kroll" ein Fest inszeniert, das als Glanzlicht in die Industriegeschichte der späten Zwanziger eingehen sollte. „500 Ehrengäste - natürlich im Frack -, darunter keine einzige Frau", kommentierte Gerhard Ebeling in seinem Essay. Auf der Höhe wirtschaftlicher Erfolge (1928 betrugen allein die Lizenz-Einnahmen 2.336.000.- Mark) konnte man gelassen auf die Krisenzeiten zurückblicken, als die „Poulsen-Sender" der Lorenz-Konkurrenz den Telefunken-Leuten derartige Schrecken eingejagt hatten, dass sie schon das Läuten ihres Totenglöckleins zu hören glaubten. Längst waren derartige Klippen umschifft. Telefunken, reich mit Patentbesitz ausgestattet, galt hierzulande unangefochten als die „Nr. 1".

 

 

Telefunken Berlin 36 Radiotechnik

 

1929 kam der T 40 in Batterie-, Gleich- und Wechselstromausführung auf den Markt. Dieser Vierröhren-Zweikreiser hatte bei Batterie- und Gleichstrombetrieb in der HF-Stufe noch die erste Telefunken-Schirmgitterröhre RES 044 (Vorläuferin der RES 094), im Wechselstrom-Modell saß die RENS 1204. Ihr folgten: die REN 1104, REN 1004 und RE 134 oder in der Kraft-Version die RE 604. Auf dem Gerät steht - baugleich mit dem Siemens Protos-Luxus - der Lautsprecher Arcophon 5.

1928 konnte Telefunken die Händler und Kunden mit einem gut durchkonstruierten Zwei- oder Dreikreiser noch zufrieden stellen. Aber ein Entwicklungs-Stillstand war nicht ungefährlich. Anfang der Dreißiger war in den Telefunken-Radios (wie auch schon in früheren Zeiträumen) von Pionierleistungen nichts zu entdecken. Bis 1931 gab es von Telefunken (auch von AEG und Siemens) nur Geradeausempfänger. Als führende Rundfunkfirma, die alle Patente in Händen hielt, bewies Telefunken wenig Experimentierfreude. Von anderen Firmen (Staßfurt) musste sie sich vorführen lassen, dass der Superhet in konstruktiv optimierter Bauweise auch für den Rundfunkempfang geeignet sein konnte. Peinlich, wo doch ausgerechnet Runge das Gleichlaufverfahren für den Superhet entwickelt hatte.

 

Telefunken Berlin 37 Radiotechnik

 

Telefunken darf - objektiv betrachtet - nicht zu den Schöpfern der fortschrittlichsten Geräte gezählt werden, obwohl sie dazu im Hinblick auf die Röhrenentwicklung prädestiniert gewesen wäre. Schwerpunktmäßig war das Trio der Marktführer mit den billigeren Geräten erfolgreich. Zum Beispiel 1930, wo Telefunken mit fast 60.000 verkauften Einkreisern des Typs T 33 eine Spitzenstellung einnahm.

 

Telefunken Berlin 38 Radiotechnik

 

Zuweilen ging der Spareifer auch zu weit. So geschehen bei der beabsichtigten Verbilligung mittels „Arcotron-Stabröhren". Durch diese Fehleinschätzung entstanden nicht nur schmerzliche Image-Verluste, auch solche finanzieller Art mussten in Kauf genommen werden.

 

 

Telefunken Berlin 39 Radiotechnik

 

Telefunken Berlin 40 Radiotechnik

 

Das Telefunken-Sorgenkind: ein T 12, der professionell für den Betrieb mit normalen Trioden umgebaut wurde. Links davon steht ein abgetrenntes Original-Chassis-Teil mit Arcotron-Röhren. Für die Audion-Stufe war die Arcotron-Type 301 mit der rot gefärbten Kappe vorgesehen, für die NF-Verstärkerstufe die Type 201 mit blauer Kappe. Weil die Branche es mit der Angst zu tun bekam und weiteren Preisdruck fürchtete, wollten auch andere Firmen auf den „Billig-Radio-Zug" aufspringen, und so findet man 1930 die „Arcotron-bestückten" noch bei den Firmen AEG, Emud, Mende, Nora, SABA, Schneider-Opel, und Seibt. Die Staßfurter misstrauten wohl (als einzige?) dem „Röhren-Fortschritt" - sie setzten in ihr Modell W 31 gleich zwei Paar Fassungen ein, um beide Röhrensysteme verwenden zu können.

Und wie stand es letztendlich mit den Preisen? Während man für das Telefunken-Dreiröhrengerät T 33 in der Saison 1930/31 noch 198 Mark bezahlen musste, bekam man den T 12 für 168 Mark. Bei der Konkurrenz aber - z.B. bei Emud - kostete auch das mit drei normalen Röhren bestückte Radio samt eingebautem Lautsprecher weit weniger und der Preisunterschied zum „Arcotron-Bestückten" betrug nur 4.50 RM. Von einem „Preisrutsch" hätte also auch dann nicht die Rede sein können, wenn die Stabröhren besser funktioniert hätten.

  

Telefunken Berlin 41 Radiotechnik

 

Schon manches Gerät hatte Telefunken Kummer bereitet, keines aber so großen wie das Modell T 12. Wie aber kam es denn zu diesem Desaster? Es waren die Außensteuer-Stabröhren „Arcotron" 201 und 301, mit denen die ersten beiden Stufen des T 12 bestückt wurden. Im evakuierten Glasstab befand sich nur der Heizfaden und das Anodenblech; zur Steuerung sollte die außen aufgespritzte Leitschicht dienen. Je nach Luftfeuchtigkeit sowie elektrostatischen Störungseinflüssen war das äußerst instabil.

 

Hätte man die Sache ausreichend erprobt, dann wäre der T 12 wohl nie auf den Markt gekommen. Aber es wurde fabriziert — bis die Reklamationen größere Ausmaße anzunehmen drohten. Um weiterem Ungemach zuvorzukommen, beschloss Telefunken in einer Krisensitzung, die T 12-Chassis mit beachtlichem finanziellem Aufwand in Vertragswerkstätten umbauen zu lassen oder gleich gegen die mit normalen Röhren bestückten T 33 W- Chassis auszutauschen. Graf Georg von Arco war in vielen Telefunken-Produkten verewigt worden. Man denke nur an die „Arconit"-Detektorkristalle, die „Arcon"-Serie, die „Arcophon"-Lautsprecher, den „Arcofar" oder die „Arcolette"-Empfänger. Spätestens nach diesem T /2-Abenteuer dürfte er verflucht haben, dass nun auch die Telefunken-Stabröhre „Arcotron" an ihm kleben blieb. 1931 verließ der Graf das Unternehmen und fortan war „Arco" im Vokabular der Telefunken-Erzeugnisse nicht mehr zu finden.

 

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Der Ausgleich zu den „T 12 -Verlusten": Die Dreiröhren-Einkreisgeräte der T 33er - Baureihe verkaufte Telefunken 1930/31 in großen Stückzahlen. Ohne Lautsprecher waren sie für Batteriebetrieb als 33 B, für Gleichstrom als 33 G oder für Wechselstromanschluss als 33 W zu haben. Normalerweise wurden sie mit drei Trioden (zwei RE 034 S und RE 114 / 134 S bzw. zwei REN 1004 und RE 134) bestückt. Die mit eingebauten Lautsprechern lieferbaren Typen hießen 33 GL und 33 WL. Vom in diesem Bild steht das Modell T 33 B, dahinter der Lautsprecher Arcophon 7 und rechts davon mit dem in die Rückwand eingebauten Lautsprecher die Type T 33 WL.

Telefunken hatte auf dem Röhrensektor nicht nur mit den Arcotrons große Sorgen, Auf den Verantwortlichen lasteten noch weitere Probleme - sowohl patentrechtliche wie auch fertigungstechnische. Das betraf insbesondere Pentoden, wo Telefunken oft auf Philips-Lieferungen angewiesen war. Die RENS 1294 beispielsweise wurde, wie aus einem Telefunken-Protokoll hervorgeht, ausschließlich von Philips hergestellt. Bei den Gleichstromröhren mit bifilar gewickelten Heizfäden sah es nicht besser aus. Telefunken hatte bis zu 70 % Ausschuss. Aber man hatte schließlich das Monopol - für die Erstbestückung deutscher Radios durften nur „Telefunken"-Röhren verwendet werden. Und so konnte man über den Preis auch solche Verluste ausgleichen.

 

Telefunken Berlin 43 Radiotechnik

 

Bis 1930 hatte Telefunken die Dreiröhren-Einkreiser nach Art der 1927er Arcolette 3 im Lieferprogramm, alle mit Trommelskalen für die Sendereinstellung und Rückkopplung. Ein letztes Modell mit solchen Skalen erschien 1931 als T 120 W. In ihm stecken (außer der RGN 354) nur die beiden Röhren REN 904 und RE 134. Mit den Maßen 17,5 x 12,5 x 15 cm ist er knapp halb so groß wie seine Vorgänger. Und weil er so klein und auch so selten ist, wird er vom Sammler besonders geschätzt. Dazu gehört der passende „Blümchen-Lautsprecher" Arcophon 4 Z.

 

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„Der moderne Zweiröhren-Netzempfänger im eleganten Gehäuse, für höhere Ansprüche an Aussehen und Bequemlichkeit der Einstellung" — schrieb Telefunken über den T 121 W, der auch 1931 im Katalog stand. Er hat den gleichen Röhrensatz wie der T 120 W, kann auch nicht mehr als jener, nur sein Preis lag höher. 79.50 RM kostete die alte Bauform, 98.50 die neue. Der Sammler verkehrt die Preise ins Gegenteil: er zahlt mehr für den Alten. Der schlichte Siemens-Falzmembran-Lautsprecher Simplex ist baugleich mit dem Arcophon 4 Z. Kurzwellen-Amateure, welche nicht selbst bastelten, erfreuten sich 1930 an den professionell aufgebauten Telefunken-KW-Empfangsgeräten T 32 bzw. T 32 A

 

Telefunken Berlin 45 Radiotechnik

 

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T32 hieß der Telefunken-Kurzwellenempfänger von 1930, mit dem die Wellen von 13,5 bis 100 m empfangen werden konnten. Das Gerät im Bild ist das Modell T 32 A, es empfängt auch Mittelwellen bis 550 m. In einem Revolver sitzen Spulen für die Teilbereiche: 13,5....20 m, 20 ....32 m, 30 ....50 m, 200....330 m, 330....550 m. Interessant ist der Kurzwellen-Drehkondensator (135 cm), dessen Rotor in 12 Stufen einrastet (Drehknopf links). Die Kapazitäts-Feineinstellung zwischen den Stufen erfolgt durch die Verdrehung des Stators gegen den Rotor über eine Exzenterscheibe (Skalenknopf Mitte). Der rechte Drehknopf dient der Rückkopplung. Aus den 5 Stufen des Spulenrevolvers und den 12 Stufen des Drehkondensators resultieren 60 Teilbereiche. Bestückt ist der T 32 A mit einer RE 084 (Audion), einer RE 034 (NF-Verstärkung) und einer RES 164 d (Endverstärkung); betrieben wird er mit Batterien.

 

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1930 präsentierte die Telefunken-Gesellschaft ihr erstes, aus Empfänger und Grammophon-Laufwerk zusammengestelltes Musikgerät, die Type 1000 Arcofar. Bewusst wurde dieses Gerät als Ortsempfänger konzipiert. Mit den drei Röhren: 2 x REN 904 und RE 604 als Kraft-Endstufe wurde die optimale Verstärkung bei höchstmöglicher Tonqualität gewährleistet - natürlich mit Hilfe eines dynamischen Lautsprechers. Das Gerät war nicht nur in Cafes u. dgl. beliebt, musikalisch anspruchsvolle Hörer schätzten es auch in ihrem Heim. Mit dem Gewicht von 29,5 kg zählte es zu den schwersten, mit dem Preis von 490.- Mark (einschl. Röhren) aber doch zu den preiswerten Geräten dieser Art. Schrankmodelle aus dem gleichen Jahrgang waren wesentlich teurer.

 

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Schon 1931 wurde er geschätzt, vielmehr noch schätzt ihn heute der Sammler. Dieser große „Katzenkopf" T 340 WL im Edelholzgehäuse gilt als der Schönste unter den in Deutschland gestalteten „Kathedralen". Der eingebaute Lautsprecher hat ein magnetisches System.

1931 hatte Telefunken „das glückliche Händchen". Nicht nur wegen der stilvollen, und aus edlen Hölzern gestalteten Gehäuse waren die Radios der 340er-Serie so beliebt; sie ließen auch hinsichtlich der Empfangsleistung keine Wünsche offen. Im vorausgegangenen Modelljahr wurden nur Einkreiser mit eingebautem Lautsprecher angeboten; jetzt waren auch hochwertige Telefunken-Dreikreisgeräte mit magnetischen oder dynamischen Systemen zu haben.

 

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Telefunkens Bester von 1931: der „Katzenkopf" mit dem elektrodynamischen Lautsprecher. In der Wechselstromausführung war's der T 341 WL mit der Kraft-Endröhre RE 604, hier abgebildet ist die Gleichstromversion T 340 GL mit den Röhren RENS 1820, 2 x REN 1821 und RENS 1823 d. In der Endstufe tat's auch die REN 1822 und nach Lange-Nowisch soll es eine Schaltung anderer Art gegeben haben, mit zwei Tetroden RENS 1819 anstelle der RENS 1820 und REN 1821.

 

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1931 schufen die Telefunken-Gestalter neue Gehäuse aus Phenolharz - und deren Bauformen sollten zum Vorläufer einer gefällig gestalteten Bakelitgehäuse-Generation werden. Der Erfolg blieb nicht aus - die Modellserie mit ihren, einem Katzenge- sicht ähnlichen Skalenabdeckungen, erfreute sich schon im Jahr ihres Erscheinens besonderer Beliebtheit, und heute spricht der Sammler nur noch von einem „Katzenkopf. Sind das im Bild etwa zwei gleiche „Katzenkopf-Radios? Nein - das zweite Hebelchen vorn unten ist's, das für den „kleinen Unterschied" sorgt:
der T 340 W hat es, der T 230 W hat es nicht, dafür aber einen Regler an der linken Gehäuseseite. Der T 230 ist ein Dreiröhren-Zweikreiser, der T 340 ein Vierröhren-Dreikreiser. Den gab es auch mit der Kraft-Endröhre RE 604 als 341 W. Bei dem hinten stehenden Lautsprecher handelt es sich um einen dynamischen Arcodyn 505.

  

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1932 brachte Telefunken im neuen Bakelitgehäuse die Einkreiser T /22 und die hier abgebildeten 231er Typen auf den Markt. Im Bild vorn steht der T 231 W, hinten links der passende Lautsprecher L 60, und rechts davon der T 231 WL, bei dem der Lautsprecherstoff ersetzt wurde. „Dreiröhren-Schirmgitter-Mehrkreis-Netzempfänger" ließ Telefunken in die Kataloge von 1932/33 schreiben, in denen sie den „Hochleistungs-Netzanschlußempfängern" zugeordnet wurden. Zwei Kreise sind drin, und die Röhrenbestückung mit RENS 1214, REN 904 und RES 164 lässt Zweifel an der „Hochleistung" nicht unberechtigt erscheinen.

Telefunken brachte stets ansprechende Gehäuseformen und verwendete viel Bakelit. Zur Herstellung sämtlicher Telefunken-Gehäuse von 1932 waren tonnenschwere Phenolharz Pressen erforderlich.

  

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Recht gut waren die Vierröhren-Dreikreiser aus dem selben Baujahr. Zum T 343 W gab's den passenden Lautsprecher: den links hinten stehenden D 80, welcher bereits mit einem permanet-dynamischen System ausgestattet wurde. Rechts steht (mit eingebautem Lautsprecher) der T 343 WL. Es waren die Nachfolger der „Katzenköpfe" aus dem Vorjahr, mit verbessertem Schaltungsaufbau. Statt des Eingangsbandfilters mit nur einer HF-Stufe bekam der T 343 die normale Dreikreisanordnung mit zwei HF-Tetroden und einer Audion-Triode.

Zu beanstanden ist an diesem leistungsfähigen Dreikreis-Empfänger nur, dass er die im Prohaska-Katalog 1932/33 angegebene Schwundregelung („automatische Lautstärkeregulierung") gar nicht hat - die beiden Regelröhren RENS 1214 dienen nur der Lautstärkeeinstellung mittels Potentiometer. Nur äußerlich unterscheidet sich der Telefunken 343 WL vom Siemens 46 WL, welcher in 3.95 abgebildet ist. Beide Modelle aus der Serie 1932/33, wie auch der AEG Ultra-Geadem WL, sind technisch baugleich. Mit vier Röhren zählen diese Dreikreiser zu den empfindlichen Fernempfängern. „Höheres kann nur noch der Super leisten", sagten die Telefunken-Leute in ihrer Beschreibung - den Mende Ultraselektiv ignorierten sie.

„Höheres kann nur noch der Super leisten", hätten die Telefunken-Leute sicher nicht gesagt, wenn sie nicht ab 1932 selbst einen Superhet-Empfänger im Programm gehabt hätten. „Der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe" — so entstand Telefunkens erster Superhet (nur ein Selbstbau-Typ U 8 war zuvor angeboten worden). „Deutschlands führendes Funkunternehmen" hielt nämlich noch immer nichts von dieser Empfängerart, als die Staßfurter 1928 zum zweiten Anlauf starteten (1929 mit dem Netzanschlussempfänger und der REN 704 d). Man war (wie Otto Kappel-mayer) der Ansicht, dass der Überlagerer für den Rundfunkempfang nicht nur überflüssig, sondern — insbesondere den Tonumfang betreffend — sogar ungeeignet sei. Nun aber hatten die Stassfurter mit ihrem Imperial jun. das „Unwahrscheinliche" geschafft, und Telefunken konnte schließlich nicht ignorieren, was elf andere deutsche Radiofabriken als neueste Entwicklung in die 1932er-Kataloge brachten.

 

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Zwölf Firmen brachten 1932 Superhets auf den Markt - mit recht unterschiedlicher Röhrenbestückung. Einige von ihnen erkannten, dass die Raumladegitterröhre REN 704 d in der Mischstufe schon nicht mehr zeitgemäß war. Loewe hatte schnell eine Zweisystem-Oszillator-/ Mischtetrode entwickelt, aber Telefunken hielt noch an der alten Type fest. Der hier abgebildete Siebenkreis-Super T 650 WL enthält den Röhrensatz: RENS 1214, REN 704 d, RENS 1214, RENS 1214, RENS 1374 d und RGN 1054.

Die AEG, Lumophon, Mende, Nora, SABA, Sachsenwerk, Schaleco, Schaub, Seibt, Siemens, Staßfurt - also alle bedeutenden Markenfirmen (außer Blaupunkt und Lorenz) warfen ihre eiligst entwickelten Superhets auf dem Markt - und eben auch Telefunken. Wer hätte das 1930 gedacht, als man glaubte, dass die Staßfurter, wie viele andere zuvor, ihre „Super-Experimente" früher oder später wieder einstellen würden...

Hatte doch der erste „Super-Start" in den Zwanzigern den Firmen: Chemisch-Technische Industriegesellschaft, Geider & Gätjen, Bruckner & Stark, Owin, Radio Amato, Dr. Schriever & Klenk, Huth, Mende, Schneider-Opel, Koch & Sterzel, Tefag, Ratag, Selekta, Stahlwerk Mark und anderen nur Verluste beschert. Bis 1927/28 waren es etwa 30 Firmen, welche rund 60 unterschiedliche Überlagemngsempfänger verkaufen wollten. Unter den letzten waren (außer den Staßfurtem) die von DeTeWe und Kramolin. Nichts ist davon geblieben. Jetzt erst war die Zeit reif, und auch die Technik war inzwischen soweit perfektioniert, dass ein Rückschlag nicht mehr zu erwarten war. Das zu beweisen, war unbestreitbar ein Verdienst der Staßfurter.

 

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Unter Einbeziehung des 650 WL gab es 1933 den Telefunken Super-Musikschrank mit elektrischem Platten-laufwerk. „Alles das Beste vom Besten", schrieben die Werbeleute der deutschen Weltmarke.

 

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Notabene: Ganz so edel war das „Edelholz" nun auch wieder nicht — die Holzmaserung wurde einschließlich der  „Intarsien" auf  eine Sperrholzplatte gedruckt. 

 

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Über die „Wiking"-Modelle, bzw. den hier abgebildeten Wiking 125 WLK steht im Katalog: „Der einstellscharfe Europaempfänger von ungeahnter Leistungsfähigkeit, schön und stark im Klang".
Schön ist er ja, und die RENS 1374 d in Verbindung mit dem dynamischen Lautsprecher bürgen durchaus für den guten Ton. Wie aber die „ungeahnte Leistungsfähigkeit" dieses, in der Audionstufe mit einer Triode REN 914 bestückten Zweiröhren-Einkreisers erzielt werden sollte - das bleibt Telefunkens Geheimnis.

Übrigens: eine REN 914 „Bi" sollte es sein; „Bi" stand für „bifilar" gewickelter Heizfaden.

Es zählt zu den beliebtesten Ensembles - das nachfolgend abgebildete Telefunken-Quartett von 1933, bestehend aus den Modellen Wiking, Nauen, Admiral und Bayreuth. Mit ihnen beschloss die Weltmarke ihre „Bakelit-Ära", die 1928 und 29 mit den Typen T 10 und T 40 begonnen hatte. Erst 1939 findet man wieder einen Telefunken im Bakelitgehäuse.

  

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„Kannst Du pfeifen Johanna .. gewiss kann ich das...", diesen Schlager konnte man in (in den Dreißigern im Radio hören, und er passte auch maßgeschneidert zum kleinen Telefunken-Super Nauen 330 WL, welcher 1933/34 wegen seiner Neigung zu Pfeifgeräuschen berüchtigt war. Folgerichtig erhielt er auch schnell den Spitznamen „Pfeifende Johanna". Die Nauen-Geräte, welche man heute noch findet, sind meistens umgebaut. Bestückt wurden diese Vierkreis-Sparsuper mit zwei Röhren RENS 1264 und einer RENS 1374 d. Mit dem T 330 WLK konnte man auch kurze Wellen empfangen; da aber übersprangen die schlauen Telefunken-Erfinder die ganze Superhetschaltung und legten den KW-Eingangskreis direkt an die RC-Kombination der Audionröhre.

 

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Der Phono-Nauen 330 WS wurde 1933 in diesem Edelholzgehäuse geliefert (Deutsches Rundfunk-Museum Berlin, 33 TE 00 H/P)

 

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Inserat aus: „Die Sendung", 1933

 

Mit dem Nauen hatte Telefunken wieder mal ein Sorgenkind am Hals, und auch das nachgeschobene Modell Phono-Nauen bereitete Kummer. „7900 Stück liegen auf Lager" - steht im Geheimprotokoll vom 28.1.1935, und: „ ...man habe den Plan gehabt, sie auszuschlachten, da der Handel gegen das Gerät so voreingenommen ist, daß es nicht mehr absetzbar erscheint". Vorerst wurde es vom Markt zurückgezogen.

 

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Das war noch immer Telefunkens Stärke: der leistungsfähige Dreikreiser. Zwei Hexoden RENS 1234 stecken in den HF-Stufen dieses Admiral 346 WL, und eine REN 914 wurde als Kraftaudion geschaltet. Die Endröhre war in allen vier Modellen des Jahres 1933 dieselbe: RENS 1374 d. Den Fernempfang betreffend war der Admiral dem Nauen überlegen, aber es gab ihn nicht mit einem Kurzwellenbereich. Noch ein kurzer Hinweis für den Sammler, der einen verstaubten Admiral „unter Strom" setzt: er sollte sich nicht wundern, wenn's im zweiten Drehko-Paket „blitzt". Auf dessen Stator liegt nämlich die volle Anodenspannung der ersten RENS 1234.

  

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Mit dem 1933er Großsuper Bayreuth 653 WL holte Telefunken nach, was im Vorjahr versäumt wurde, bzw. dort (bei Telefunken) noch nicht möglich war. Steimel hatte inzwischen die Hexode entwickelt und die RENS 1224 bewährte sich nun (in Verbindung mit der vorgeschalteten Regelhexode RENS 1234) als Mischröhre. So zählt dieser, mit drei Hexoden, einer Binode (REN 924) und einer Endpentode ausgestattete Vorstufensuperhet zu den leistungsfähigsten seiner Klasse. Die Schwundregelung und ein „Abstimm-Orthoskop" dienen dem Bedienungskomfort.
Das Modell war auch als T 653 WLK (mit Kurzwelle) zu haben und natürlich - wie alle andern - in der Gleichstromversion als T653 GL oder T653 GLK.

 

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Inserat aus: „Der Deutsche Rundfunk", November 1933

 

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Schlicht und ergreifend „Deutschland" wurde 1934, im Dritten Reich, dieser Telefunken-Super 656 WLK genannt. Es war der Nachfolger des Bayreuth von 1933, der noch ein Bakelitgehäuse hatte. Viel wurde nicht verändert, die Hexoden-Mischstufe und das Abstimm-Orthoskop findet man schon im Bayreuth, Telefunken hob jedoch hervor, dass der mit „NAWI"-Membran („nawi" für „nicht abwickelbar") versehene Lautsprecher hörbar besser sei. „König der Empfänger" steht im Katalog 1934.

1934 hatte Telefunken zehn Modelle im Katalog, doch bei näherem Hinsehen war wenig grundsätzlich Neues dabei. Im wesentlichen handelte es sich um die Typen aus dem Vorjahr, welche wahlweise in Bakelit- oder (zu höheren Preisen) in Holzgehäusen angeboten wurden. Neu war der Dreiröhren- „Meistersuper" T 332 mit der neuen ACH 1 und HF-Eisenkernspulen. Und dann gab es noch einen „Kamerad" für Betriebe  „ um der Betriebsgemeinschaft Radioempfang zu ermöglichen unter Verwendung eines Gerätes mit hoher Ausgangsleistung und Anschlussmöglichkeit mehrerer Lautsprecher". Vielleicht waren ja schon Entwicklungs-Kapazitäten für die „Behörden-Fertigung" abgezogen worden. Es war zwar noch kein Krieg in Sicht, aber in der zuvor verbotenen nachrichtentechnischen Forschung war einiges nachzuholen - man konnte nicht wissen, ob nicht doch bald wieder militärische Geräte gebraucht wurden... Das betraf auch die Röhren-Entwicklung; war doch die RV 12 P 2000 schon 1935 als Baumuster verfügbar.

1935 gehörten nicht nur die Telefunken-Radios in Bakelitgehäusen der Vergangenheit an, auch die Gehäuse-Proportionen änderten sich nun VON TELEFUNKEN« grundsätzlich. „Die 5 von Telefunken" - stand auf dem Werbeprospekt für das Modelljahr 1935/36. Das waren: der Zweiröhren-Einkreiser T 512, der Dreiröhren-Zweikreiser  T 523,  der Dreiröhren-Vierkreissuper T 543, der Vierröhren-Sechskreissuper  T 564 und der Sechsröhren-Achtkreis-Großsuper  T 586. Sie alle glänzten durch gut gestaltete Edelholzgehäuse, mit denen Telefunken sein Image aufpolieren konnte. 

 

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Den T 512 für Mittel- und Langwellenempfang gab es in zwei Ausführungen. Der bescheidenere „Junior" wurde zwar schon mit der neuen AF 7 bestückt, als Endröhre aber genügte die RES 164 und als Gleichrichterröhre die RGN 354; der hatte nämlich nur einen magnetischen Freischwinger. Von den eingebauten MW-/LW-Sperrkreisen abgesehen, war's ein Vorläufer des 1937 erschienenen Volksempfängers 301 Wn. Hier im Bild steht der anspruchsvollere T 512 W, mit der leistungsstärkeren RES 964, einem elektrodynamischen Lautsprecher und der Doppelweg-Gleichrichterröhre RGN 1064. Beachtenswert ist der eingebaute Sperrkreis, welcher - richtig eingestellt - die Selektion wesentlich verbessern kann. Getrennt für Mittel- und Langwellen ist er in vier Stufen schaltbar. Auch die parallel zur Sendereinstellung mitgeführte Koppelspule zählt zu den Vorzügen des T 512. Was aber den Käufer von 1935 besonders beeindruckte: die moderne Gehäusegestaltung im Querformat, mit der Telefunken tonangebend wurde.

 

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Telefunken Berlin 68 Radiotechnik

 

Auch bei diesem Telefunken-Vierröhren-Super T 564 WLK besticht das moderne Gehäuse. Mit den neuesten Telefunken-A-Röhren wurde der schöne Siebenkreiser aber nicht bestückt. Waren es Lagerbestände? Oder traute man eher den alten? Die Stiftsockelröhren ACH 1, RENS 1294, AB 1, RENS 1284 und RES 964 stecken noch in diesem 1935er Modell. Nur die Allstrom-Ausführung wurde mit Topfsockel-Röhren der C-Serie ausgestattet.

Unter dem Empfänger: der Telefunken-Plattenspieler Conzertino 39 GW mit dem Tonabnehmer TO 58.

Bei den fünf Modellen, welche (nach zehn im Vorjahr) in Telefunkens Lieferliste von 1935 standen, handelte es sich um makellose Neukonstruktionen. 1935 war auch das Jahr, in dem die neuen A-Röhren mit Außenkontakt-Sockeln eingeführt wurden. Die Pentode AF 7 steckte dann schon im Einkreiser T 512 W, nur - in den größeren Modellen sucht man sie vergebens.

 

Telefunken Berlin 69 Radiotechnik

 

Ein besonders schönes Gehäuse (aus Makassar-Ebenholz) bekam 1935 der Telefunken-Spitzensuper T 586 WLK. Eine HF-Vorstufe hat er zwar nicht (nur ein Eingangsbandfilter), aber zwei ZF-Stufen mit insgesamt fünf Kreisen, und in der Endstufe arbeiten zwei RE 604 im Gegentakt. Was den Fachkundigen in Erstaunen versetzt: wie der zuvor abgebildete T 564 wurde auch Telefunkens Parademodell mit den alten Stiftröhren bestückt. Dass in der Gegentakt-Endstufe noch zwei RE 604 stecken, ist verständlich - schließlich war die AD 1 noch nicht da. Aber die RENS 1294 und die REN 904 wollen in diesem Jahrgang nicht recht in einen so fortschrittlich gestalteten Radioapparat passen.

Auch in die Klasse der Groß- und Spitzensuper hatte sich Telefunken nun hochgearbeitet und galt mit ihren Modellen bis 1940 als Nobelmarke. Als ernsthafter Konkurrent galt nur der Körting-Ultramar. Der war natürlich mit den neuesten Telefunken-Röhren der A-Serie bestückt.

  

Telefunken Berlin 70 Radiotechnik

 

1936 fertigte Telefunken letztmals einen Dreikreiser, den T 633. Durch eine sichtbare Abstufung sollten die ansteigenden Empfangsleistungen der 36er Gerätetypen demonstriert werden: 50 Sender standen auf der Skala des Einkreisers, 75 auf der des Zweikreisers und 100 notierte Telefunken auf dieser Dreikreiser-Skala. Ganz fair war das nicht. Der T 633 hatte — wie der Zweikreiser T 623 - auch nur drei Verstärkerröhren. Nur die Trennschärfe war besser, dank des Eingangsbandfilters. Trotzdem - Telefunken-Sammler lassen sich diesen letzten Dreikeis-Geradeausempfänger nicht entgehen.

Neue Geräte präsentierte Telefunken auch für das Modelljahr 1936/37, und überraschenderweise gleich drei Geradeausempfänger: T 612 (nun mit AL 4), T 623 und T 633. Alle Telefunken-Radios wurden jetzt mit A- bzw. C-Röhren bestückt, und neben dem großen T 686 gab es den äußerst seltenen Großsuper-Luxuswagen T 686 WKS mit eingebautem Plattenspieler und getrenntem Lautsprecher (damals: Preis auf Anfrage).

  

Telefunken Berlin 71 Radiotechnik

 

Öfter mal was Neues - 1937 legten die Telefunken-Gestalter beim Vierröhren-Sechskreis-Superhet T 766 W (auch beim Allstromgerät 766 GW) die Skala flach in die vertiefte Gehäusefront. Das 1937 neue „Magische Auge" platzierte Telefunken wirkungsvoll in der Mitte des Lautsprecherfeldes. Die Wellenbereiche: 200 bis 580 m und 750 bis 2.000 m. Einen Kurzwellenbereich hatte erst der größere Siebenkreiser 776 WK, dessen Gehäuse aber nicht so interessant war.

 

Telefunken Berlin 72 Radiotechnik

 

Selten findet man im Telefunken-Programm Empfänger-Plattenspieler-Kombinationen, seit dem Phono-Nauen von 1933/34 stand keiner mehr in den Katalogen. Der hier abgebildete Phono 713 WS enthält den 1937er Einkreiser T 713 W, einen Nachfolger des T 512 W, nun aber bestückt mit der (1936 neuen) Endröhre AL 4.

 

Telefunken Berlin 73 Radiotechnik

 

Ein Sprung vom Einkreiser zum Spitzensuper mit neun/zehn Kreisen — dem Telefunken T 7000 bzw. T  7001,  welcher ebenfalls 1937 auf den Markt kam. Nicht nur die imposante Gestaltung mit der ausklappbaren Skala macht dieses Meisterstück so wertvoll. Die mit automatischer Scharfabstimmung ausgestattete Wechselstrom-Type T 7001 WK hat die AH 1 in der HF-Vorstufe, ihr folgen: die ACH 1, zwei Stück  AF  7, AB 2 und AB 1 (eine davon für die Nachstirnm-Automatik),  AF  3,  AC  2, zweimal die AD 1, und als Abstimmanzeige das (neue) magische Auge AM 2. Die meisten Spitzensuper dieser Art gab es nur in der VVechselstromausführung. Telefunken brachte ihn auch als Allstromgerät auf den Markt und durfte sich damit der Gunst solcher Kunden erfreuen, die an ihrem Gleichstromnetz mit Wechselrichtern schon schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Ganz so komfortabel wie die Wechselstromausführung ist der hier abgebildete  T 7000 GWK  indes nicht — ihm fehlt die automatische Scharfabstimmung und deshalb hat er auch zwei Röhren weniger. Seine Bestückung: CH 1, CK 1, zwei  CF  3,  CB  1, CC 2, zwei CL 4 und C/EM 2. Trotzdem musste der Käufer tief in die Tasche greifen; mit 625.- RM war der T 7000 GWK  35 Mark teurer als der technisch überlegene T 7001 WK. 

 

 

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Ein erfolgreiches Telefunken-Gerät, das drei Jahre lang in den Katalogen stand: 1937 als 776 GWK, 1938 als 876 GWK und 1939 als 976 GWK. Es war das letzte Modell einer (bei Telefunken) auslaufenden Frontgestaltung mit nebeneinander angeordneten Skalen- und Lautsprecherfeldern. Bestückt wurde die Allstrom-Ausführung dieses Siebenkreisers (er hat ein Eingangsbandfilter) mit den Röhren: CK 1, CF 3, CB 2, C/EM 2 und CL 4. Bei VVechselstrombetrieb sorgte ein Autotrafo in Verbindung mit der AZ 1 für höhere Anodenspannung.

  

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„Von welcher Richtung soll ich das Ding bloß aufnehmen - das steht ja Kopf", sagte der Fotograf, als dieser komische Telefunken-Sesselsuper 876 WKA an die Reihe kam. Eine geglückte Kreation war dieses Radiogerät, das man neben einem Sessel auf den Fußboden stellte, sicher nicht. Telefunken hatte es auch nur 1938 im Programm. Das Chassis stammt vom Siebenkreiser T 776 aus dem Vorjahr. Den Sammler jedoch reizt das „Ausgefallene" - auch deshalb, weil das Modell nur in kleiner Stückzahl auf den Markt kam.  Weitaus eleganter gestaltet wurde das Nachfolgemodell, der Phono-Sesselsuper 3976 WK. Der konnte 1939 in viel größeren Stückzahlen verkauft werden, allerdings kostete er auch etwas mehr. Für den 1938er Sesselsuper bezahlte man 349.- RM, für den 1939er Phono-Sesselsuper 575.- RM. Telefunken ließ sich den Plattenspieler mit dem neuen Tonarm TO 1001 gut bezahlen.

 

Telefunken Berlin 76 Radiotechnik 

 

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In den Phono-Sesselsuper 3976 WK baute Telefunken auch wieder das alte Chassis des 1937er 776 WK ein. In Konkurrenzfabrikaten von 1939 waren die A-Röhren schon fast völlig verschwunden. Telefunken stand mit ihnen recht einsam in der Radio-Landschaft, wo bereits die Stahlröhre Fuß gefasst hatte. Fortschrittlich ist der Phonoteil; der wurde mit dem neuesten Tonabnehmersystem, einem TO 1001" (Saphir-Abtastung mit nur 30 g Auflagegewicht) ausgestattet.

 

Telefunken Berlin 78 Radiotechnik

 

1938 bewies die Firma Telefunken erneut, dass sie sich in die „Nobelklasse" hochgearbeitet hatte. Den Spitzensuper gab es nun als T 8000 bzw. 8001, daneben aber einen neuen, der ebenfalls zu den besten Großsupern gezählt werden konnte: den hier abgebildeten T 898 WK - nur in VVechselstromausführung. Er wurde mit den neuen Stahlröhren ausgerüstet, hatte ebenfalls eine HF-Vorstufe (EF 13) und die automatische Scharfabstimmung. Nur die Endstufe fiel mit einer EL 12 etwas schwächer aus und es fehlte ihm der Hochton-Lautsprecher.
Mit dem edel verarbeiteten Makassar-Ebenholzgehäuse und den vier indirekt beleuchteten Glas-Skalenstäben konnte Telefunken ihre Führungsrolle in Gestaltungsfragen abermals verdeutlichen. Nur in einem Punkt hinkte die Weltmarke hinterher: Drucktasten erhielt erst das Nachfolgemodell D 860 WK.

 

Telefunken Berlin 79 Radiotechnik

 

Telefunken Berlin 80 Radiotechnik

 

1938 hieß das Gerät Zeesen 875 WK, im Jahr 1939 - T 975 WK. Interessant an diesem Siebenkreis-Fünfröhren-Super, den es als 975 GWK auch für Allstrom-Betrieb gab, ist das vertikal eingebaute Chassis, dessen Unterseite nach Lösen dreier Schrauben am frontseitigen Bakelitrahmen offen liegt. Insbesondere wurde diese Bauart von den Reparatur-Technikern geschätzt. Ein Blick in das geöffnete Gerät veranschaulicht die Verdrahtungstechnik aus der Zeit, als es noch keine Leiterplatten gab.

 

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Damit nicht der Eindruck entsteht, Telefunken hätte 1939 nur noch „Ladenhüter angeboten: es gab auch drei Neue. Fünf E-Röhren und eine AZ 11 sitzen in dem hier abgebildeten Siebenkreis-Super D 750 WK. Und er hatte noch zwei größere Brüder, den D 760 WK und den besonders schönen Großsuper D 860 WK, dessen Konzeption mit den indirekt beleuchteten Skalenstäben vom T 898 WK übernommen wurde. Alle drei bekamen nun (die Konkurrenz gab mal wieder den Anstoß) auch Sendertasten - „zur Einstellung der Lieblingssender.
Das Nachfolgemodell dieser Art, der Großsuper D 770 WKK, mit HF-Vorstufe (EF 13), erschien 1940 und ist deshalb im Kapitel 6.2 abgebildet.

 

Telefunken Berlin 82 Radiotechnik

 

Seit 1933/34 hatte es bei Telefunken kein Bakelitgehäuse mehr gegeben, 1939 wurde auf die Phenolharz-Preßstoffe zurückgegriffen, um damit einen schlichten Sechskreis-Superhet zum Preis unter 200.-, nämlich 198.- RM auf den Markt zu bringen. Bestückt ist der Condor 965 WK mit dem Standard-Röhrensatz: ECH 11, EBF 11, ECL 11 und AZ 11. Das selbe Gerät wurde zum Preis von 298.- RM auch als Phono 965 angeboten; da hatte es ein Edelholzgehäuse.

1939 griffen drastische Sparmaßnahmen. Metalle wurden knapp und die meisten Fachkräfte mussten sich der Entwicklung und Fabrikation von Kliegs-Nachrichtengeräten widmen.

  

Telefunken Berlin 83 Radiotechnik

 

Seit 1935 hatte Telefunken jährlich ein Autoradio in den Katalogen. Hier abgebildet ist das Modell IA-39 von 1939. Bestückt wurde dieser Siebenkreis-Vorstufensuper mit den Röhren: EF 11, ECH 11, EF 11, EBC 11, EDD 11 und EZ 11. 

Die Radiofertigung wurde erheblich reduziert. Autosuperhets gab es 1939 kaum mehr zu kaufen - bald fand man sie nur noch in den Autos militärischer Führungskräfte. Telefunken wurde auch in Sachen „Rüstung" die Nr. 1. Man verstand es, den Eindruck zu erwecken, dass die Deutsche Weltmarke, ihre Kompetenzen und Laborkapazitäten absolut unentbehrlich waren, was ftir bestimmte Bereiche sicher auch zutraf. Die übrigen deutschen Funkunternehmen standen in der zweiten Reihe, manche bewerkstelligten Auftragsfertigungen oder dienten als Zulieferanten. 1941 veräußerte Siemens seinen 50 %-Anteil an der Telefunken-Gesellschaft, die somit in den alleinigen Besitz der AEG gelangte (siehe 3.1 „AEG").

 

Die Geschichte des Unternehmens ab 1945 wird im Kapitel 9 — Chroniken westdeutscher Nachkriegs- Radiofirmen — unter „Telefunken" und „AWB" fortgesetzt und im Kapitel 11 — Chroniken ostdeutscher Nachkriegs-Radiofirmen — unter „Funkwerk Erfurt".

 

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