9.77 Loewe Opta, Berlin und Kronach (vormals Opta-Radio)

Fortsetzung der Vorkriegsgeschichte aus dem 3. Kapitel

 

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Der Krieg war vorüber – die Berliner Opta-Werke zählten als Rüstungsbetriebe zu den ersten, denen durch Demontage die Voraussetzungen zur Fertigung von Radios entzogen wurden. Aus dem nicht demontierten Werk Leipzig, in dem zunächst Bauteile für die kommerzielle Funktechnik gefertigt werden konnten, entstand später der „VEB­ Stern­ Radio Leipzig“, aus dem Werk Berlin­ Weißensee (Phonetica) der „VEB Stern­ Radio Berlin“.

Im amerikanischen Sektor Berlins befand sich das Hauptwerk, in dem dann 1946/47 unter schwierigsten Umständen die ersten DKE‘s als Opta GW entstanden.

 

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Der Opta GW entspricht dem DKE, er hat aber nur ein Papp-Chassis, und es fehlt der Netzschalter. Sein Netzstecker ist aus Porzellan.

 

Erstaunlich ist‘s, dass 1946 auch schon der Zwergsuper 3516 GW gebaut werden konnte – mit Röhren und Einzelteilen aus Restbeständen. Ganz groß herausgestellt wurde in der „Funk-Technik“ Heft 1/1947 der erste, mit der neuen VEL 11 bestückte Einkreiser – es war der Opta 146 Dyn GW, und wie aus der Typenbezeichnung hervorgeht, hatte er sogar einen dynamischen Lautsprecher.

 

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Eine der beliebtesten Nachkriegs Kreationen: der Opta Zwergsuper 3516 GWT mit den Korbgeflecht Türchen. Obwohl schon 1946/47 gebaut, ist das kein typisches „Notzeit Gerät“. Ein richtiger K-M-L Sechs Kreissuper steckt in dem 32,5 x 20 x 22 cm kleinen Gehäuse, bestückt mit den Allstrom-(Stahl-) Röhren UCH 11, UBF 11, UCL 11 und UY 11. Es gab ihn auch – teils anders gestaltet – ohne Türchen; der hieß 3516 GW.

 

Nicht nur in Berlin regte sich neues Leben – da war noch die ausgelagerte Fertigungsstätte im oberfränkischen Küps bei Kronach. Für eine Radiofertigung jedoch fehlten in dieser abgeschiedenen Gegend wesentliche Voraussetzungen. Zunächst verdienten die dortigen Mitarbeiter ihren Lohn mit Reparaturen, Installationsarbeiten und der Herstellung von Ofenrohren, bis Bruno Piper, der spätere Generaldirektor, in der Umgebung geeignetes Holz sammelte, womit schließlich mehrarmige Beleuchtungskörper einfacher Art gefertigt werden konnten. Bis 1948 kamen sie aus den Küpser Werkstätten. 1947 jedoch konnte langsam an die Radiofertigung gedacht werden. Mit zwei Geräten pro Tag begann die Opta Nachkriegsfabrikation (richtiger: „Manufaktur“) in Küps. Für den Sammler wäre der Sechskreis Super Kronach 547 W, würde er ihn finden, besonders interessant; wurde er doch mit drei RV 12 P 2000, einer EB 11 und in der Endstufe mit der alten Senderöhre RS 289 bestückt.

Nur wenige Geräte konnten 1947 in Küps gefertigt werden, weil die Räumlichkeiten für eine größere Produktion nicht ausreichten. Deshalb begann man am Ende dieses Jahres in der benachbarten Stadt Kronach mit der Erstellung neuer Fabrikationsstätten, welche 1948 bezogen werden konnten. Dann liefen auch gleich die Modelle Meteor, Kosmos und Universum in Serie von den Bändern – noch immer unter dem Firmennamen „Opta Radio“ (siehe links: Inserat aus der „Funk-Technik“, Heft 9/1948).

 

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Inserat aus der „Funk-Technik“, Heft 9/1948

 

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Das änderte sich, als Dr. Siegmund Loewe zurück nach Deutschland kam. Zehn Jahre hatte er in New York verbringen müssen, dann konnte er im Zuge der Wiedergutmachung 1949 nochmals in den Besitz der Firma gelangen. Er übernahm den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden und nannte die Firma „Loewe Opta AG“. Auch die ab 1949 produzierten Geräte wurden mit dem Markenzeichen „Loewe Opta“ versehen, nur ein selbständiges Loewe Zweigwerk in Düsseldorf­ Heerdt offerierte (quasi als Konkurrent) von 1948 bis 1954 noch „Opta ­Spezial“­ Radios (siehe 9.93). Im Berliner Werk entstand 1950/51 als erstes deutsches Kassetten-Tonbandgerät das „Optaphon“ – die letzte Entwicklung, an der Dr. S. Loewe noch persönlich beteiligt war.

Mit dem Beginn des Nachkriegs­ Fernsehens wurde Loewe auf diesem Gebiet besonders aktiv. Es war schließlich schon Ende der Zwanziger ein Entwicklungsschwerpunkt von Siegmund Loewe und Manfred von Ardenne. Loewe war 1929 der Initiator und Mitbegründer der Fernseh­ AG, und bereits 1931 konnten die Besucher der Funkausstellung das mit Ardennes Kathodenstrahlröhre ausgestattete Loewe ­Fernsehgerät bewundern. Die Fernseh ­Spezialisten traten nun wieder mit zukunftsweisenden Entwicklungen ins Rampenlicht und brachten 1961 auch schon das erste europäische Bildaufzeichnungsgerät Optacord 500 auf den Markt. Siegmund Loewe konnte mit der Entwicklung des Unternehmens zufrieden sein. Bruno Piper, der Mann der ersten Stunde, der sich 1945 nicht zu schade war, per Fahrrad das zur Herstellung von Beleuchtungskörpern erforderliche Holz herbeizuschaffen, hatte es – später in der Position des Generaldirektors – in eine Goldgrube verwandelt.

 

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1949 zählte der Loewe Siebenkreis­ Super Berlin zu den Geräten der gehobenen Mittelklasse. Dem Standard­ Super war er auch mit seiner Röhrenbestückung überlegen: ECH 11, EBF 11, EFM 11, EL 11 und AZ 11. „Der neue Opta-Super ‚Berlin‘ beschreitet mit Dreifach-ZF-Filter und Registerschalter neue Wege in der Rundfunk-Empfängertechnik“ – schrieb die „Funk-Technik“ bei der Vorstellung des Gerätes in ihrem Heft 16/1949.

Die Front­ und Skalengestaltung erinnert an den Telefunken 898 von 1938. Nicht gering war (gemessen am damaligen Lohnniveau) der Preis; 475 DM schien jedoch im 1949er Preisvergleich als angemessen.

 

 

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1950 offerierte Loewe-Opta die größeren Modelle mit integriertem UKW-Super im alten Vorkriegsstil. Der AM-Teil war noch vorrangig und es wurde auch Wert auf den Kurzwellenempfang gelegt. Loewe stattete dementsprechend diesen Sechskreis Super Globus mit einer „Kurzwellenlupe“ aus – abzulesen im hellen Skalenfenster rechts oben. Als Abstimmanzeige diente (bei dem mit Rimlockröhren bestückten Gerät) eine EFM 11. 

 

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Atlas W – der größte Loewe aus dem Modelljahr 1951/52. Im AM-Teil hat er acht Kreise, im FM-Teil neun. Acht Rimlockröhren (+ AZ 41) sitzen auf dem Chassis und Loewe erklärt: „Die Vorröhre EF 42 sowie die Ratio-Detektorröhre EB 41 sind nur bei UKW in Betrieb und bei AM ausgeschaltet“.

 

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1951 hatte Loewe acht Modelle im Katalog. Vom kleinen Hausfreund abgesehen waren es größere Superhets. Aus dem Rahmen fiel der 8/9-Kreis Super Sonate 52, welcher mit eingebautem Plattenwechsler oder mit dem Tefifon zu haben war.

 

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Ein „Hausfreund“, von dem Loewe sich wünschte, dass er neben den Betten zahlreicher Damen seinen Platz fin-den würde. 1951 kam dieser Hausfreund 2151 GW mit Schaltuhr (ein Dreitagelaufwerk) und Leselampe auf den Markt. Es ist ein, mit der UEL 11 bestückter Einkreiser, der auf zwei wählbare Festsender (Bereiche 525....800 kHz und 750....1605 kHz) eingestellt werden konnte. 1953/54 gab es dann so etwas beim VEB Stern-Radio Berlin als Kolibri.

1951 erschien auch der erste und einzige Loewe-Autosuper 5651 B, noch bestückt mit der Stahlröhrenserie. Es war das Jahr, in dem auch andere Firmen wie z.B.: Becker, Blaupunkt, Lorenz, Messgerätebau, und Telefunken spezielle Volkswagen Autoradios bauten. Nicht weniger begehrt war 1951 der kleine Hausfreund mit der neuen UEL 11.

 

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Aus einem Bericht über neue „Magnetband- und Drahttongeräte“, erschienen in der „Funkschau“, Heft 24/1950.

 

Allgemeines Aufsehen erregte auch das 1950 von Loewe entwickelte Kassetten-Tonbandgerät Optaphon. Wenn nur die Kassetten etwas kleiner gewesen wären.

 

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1952 wäre ein Fabrikat rückständig gewesen, wenn es nicht mit Klaviertasten-Superhets hätte aufwarten können. Alle sechs Loewe-Opta Modelle (s. a. Kap. 8.9) wurden natürlich auch mit solchen Tastenreihen ausgestattet. Daneben gab es noch das Patrizier-Studio 4753 W mit Gegentakt-Endstufe und Magnetbandgerät. Sein Preis entsprach in etwa dem der Grundig-Kombination 4009: DM 1300.-

1953 konnte man im Loewe-Angebot nicht viel neues finden, erst 1954 wurde das Fabrikat wieder interessant. Da erschien der erste Hellas mit Bandfiltereingang und einer 12-Watt Gegentakt-Endstufe – wahlweise als Hellas-Plastik mit der „3D-Taste“. Noch begehrenswerter findet der Radiosammler das ebenfalls 1954 erschienene Spinett.

 

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Ein ausgefallenes Loewe­ Modell von 1954: das Spinett 551 TP. Technisch bietet der Empfänger nichts besonderes; eingebaut ist das Chassis aus dem Apollo – es war ein Gerät der Mittelklasse mit 5 Watt Ausgangsleistung. Der Perpetuum­ Ebner Plattenspieler ist auch „Standard“. Der Reiz für den Sammler liegt allein in der Gestaltung. Er schätzt auch die auf dem Spinett stehende Loewe ­„Familie“, welche der Firma als Schaufensterwerbung diente.

 

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Inserat aus dem „Radio-Magazin“, Heft 12/ 1954.

 

Grundigs 3D-Kampagne konnte nicht übergangen werden – alle Radiofirmen mussten diese Mode mitmachen. Loewe lieferte in dieser Ausführung 1954 die Modelle: Apollo -Plastik 551P, Meteor-Plasik 558P, Komet-Plastik 558P, Komet-Plastik 559P, Venus-Plastik 560P, Hellas-Plastik 552P und zwei Musikschränke.

 

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„Der tönende Tisch“ – so betitelte die „Funkschau“ im Heft 21/1954, diesen Loewe Rundfunktisch. Er enthält den Empfangsteil des 1954er Apollo Plastik 551P, mit Plattenwechsler und vier Lautsprechern.

 

Das Loewe-Opta Angebot für die Saison 1954/55 aus: „Radio-Magazin“, Heft 2/1954. Jahrelang hatten auch die Loewe Radios das 50er-Einheitsgehäuse – es fehlte der Mut zu neuen Formen. Zu den Höhepunkten einer Loewe-Nachkriegs Sammlung zählen die von Jahr zu Jahr weiter entwickelten Spitzen-Superhets der Hellas-Serie. 1955 wurden deren Endstufen optimal ausgebildet – und auch die Nachfolger von 1956 (siehe Kapitel 8.7) bis 1958/59 mit der „Ultralinearschaltung“ standen ihren Vorgängern nicht nach.

 

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Ein besonders schönes, und technisch ausgereiftes Exemplar aus der Loewe-„Hellas“­ Serie, welches – beginnend mit dem 1955er-Typ 841 W – noch von dem erfahrenen, bereits seit 1923 bei Loewe wirkenden Dipl.- Ing. Wolfgang Stoff entwickelt wurde. Wie sein Vorgänger Hellas 841 W hat auch dieser Hellas 2841 W von 1957 elf AM-Kreise, 14 FM-Kreise mit automatischer Scharfabstimmung, und getrennte Endstufen für die Höhen und Tiefen. Neu waren die „3D-Posaunen“, und der so genannte „Klangmixer mit Leuchttafelanzeige“.

Mit dem Erscheinen der Stereo-Schallplatten wurden die NF-Stufen der Großgeräte mit Stereo-Endstufen ausgestattet. Der 1959 gefertigte Hellas arbeitete nur beim Rundfunkempfang mit der Gegentaktschaltung – beim Eintaktbetrieb für die Schallplattenwiedergabe betrug die Endleistung pro Kanal die Hälfte. Das 1960er-Modell hatte die Gegentakt-Endstufe (mit 4 x ECL 86) auch bei Stereo-Wiedergabe, dafür nicht mehr die getrennten Kanäle für Hoch- und Tiefton. 1961 und 62 erschienen die Hellas-Typen noch in den neuzeitlichen Gehäusen. In diesen Jahren kam auch Teakholz in Mode – allerdings nur für kleinere Empfänger, welche nicht nach großen Lautsprecherfeldern verlangten.

 

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Sicher ist es kein wertvolles Sammler­ Radio, das kleine Loewe­-Opta ­Fünfröhrengerät von 1962/63 mit den Maßen 48,5 x 21,5 x 17 cm. Es reizt der Möbelstil, der sich in den Sechzigern gewandelt hatte – geöltes Teakholz war in Mode gekommen. Deshalb vervollständigt der Sammler seine Kollektion gerne durch solch ein Radio in der „nordischen Linie“. Bella modern ist der Name dieses Modells von 1963 mit der Typen­ Nr. 42013. 

 

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1963/64 wurde auch bei den größeren Heimempfänger der Übergang von der Röhre zum Transistor eingeleitet. Das 1963er Loewe Modell Planet Stereo (hinten) ist noch durchgängig mit acht Röhren bestückt. Die nachfolgende Generation Venus Stereo von 1964 (vorn) hat nur noch fünf Röhren im HF-Teil; in den Niederfrequenz- und Endstufen arbeiten fünfzehn Transistoren. 1963 begann auch das Zeitalter des Stereo-Rundfunks. Für den Planet musste man den Stereodecoder als Einbauteil noch extra kaufen, im Venus war er – samt Stereoanzeige mit magischem Doppelband – integriert.

1962 war ein Krisenjahr. Die Verkaufszahlen sanken – auch im Export waren empfindliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Nur die Löhne stiegen noch – die Radios aber mussten immer billiger werden. An allem wurde gespart, was sich nicht nur in den fallenden Gewichten der Geräte bemerkbar machte. Kein Wunder, dass auch das Interesse der Radiosammler an den 60er-Modellen nachlässt. 

In der Branche schrumpften die Gewinne – trotzdem ging es dem Unternehmen mit seinen Werken in Berlin, Düsseldorf und Kronach noch gut. Die „Funkschau“ berichtete (im Heft 2/1964): „Das Geschäftsjahr 1962 brachte einen um 15 % gegenüber 1961 gesteigerten Umsatz (152,3 Millionen DM), ohne den Rekord des Jahres 1960 mit 163,8 Millionen DM zu erreichen“. Ein Ereignis jedoch traf die Geschäftsleitung einschneidend: Siegmund Loewe starb 1962 im 77. Lebensjahr während eines USA ­Aufenthalts. 1964 veräußerten seine Erben ihre Unternehmensanteile. Die Firma Philips erwarb ein Aktienpaket, das sie jedoch aufgrund ihrer Grundig­ Beteiligung wieder abgab.

 

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Bericht aus der „Funkschau“, Heft 24/1963, Bericht aus der „Funkschau“, Heft 3/1965

  

Im Mai 1972 meldete die Firma (für 1971) noch eine Umsatzzunahme, klagte aber im Dezember über den geringen Ertrag (Quelle: „Funkschau“-Notizen in den Heften 10 und 23/1972). Auch in diesem Jahr konnte der Umsatz nochmals um 10,2 % gesteigert werden, und 1973 feierte die Loewe-Opta GmbH bei guter Gesundheit ihr 50 jähriges Jubiläum – zusammen mit der Berliner Kindl Brauerei, welche aber schon 100 Jahre existierte. Es floss viel Bier, und der Loewe-Vertriebschef Cay Baron Brockdorff wurde zu Kindls „Ehrenbierfahrer“ ernannt.

1974 aber verlief das Geschäftsjahr nicht befriedigend. „Wegen der enormen Materialpreissteigerungen und der Lohnkostenerhöhungen, die nicht durch entsprechende Preisanhebungen kompensiert werden konnten, belief sich der Jahresgewinn 1974 lediglich auf 1 Mio. DM“ – berichtete die „Funkschau“ im Heft 17/1975. Elf Millionen DM mussten in eine neue Fabrik für gedruckte Schaltungen investiert werden – Loewe ging „gedämpft optimistisch“ in die Herbstsaison.

1976 stand im „Funkschau“- Heft 16: „Das Geschäftsjahr 1975 der Loewe Opta AG Berlin / Kronach schloss mit einem Betriebsverlust von 13 Mio. DM ab, nachdem 1974 noch ein bescheidener Gewinn von ca. 1 Mio. DM erwirtschaftet werden konnte. Zum laufenden Geschäftsjahr teilt das Unternehmen mit, dass der Umsatz gegenüber 1975 wesentlich gesteigert werden konnte“. Indes – 500 Mitarbeiter mussten entlassen werden. Und was macht man in solchen Krisenzeiten ? Ein neuer Vorsitzender wird berufen – das Personal-Karussell setzte sich in Bewegung. Eine neue „Stabsstelle Unternehmensplanung“ wurde geschaffen und es gab (wie die „Funkschau“ im Heft 12/1977 berichtete) zahlreiche personelle Veränderungen. „Neue Besen kehren gut“ – sagt der Volksmund – und es konnte 1976 auch wieder ein bescheidener Gewinn (1 % vom Umsatz) erwirtschaftet werden. Mit Hilfe weiterer Entlassungen allerdings – wieder wurden 300 Mitarbeiter (ca. 10 % der Belegschaft) nach Hause geschickt.

„Loewe-Opta bleibt gemäßigt optimistisch“ – las man in der „Funkschau“, Heft 4/1978, in der über eine Pressekonferenz vom Januar berichtet wurde. Ein neues, mikroprozessorgesteuertes HiFi-Gerät stellte Loewe vor. „Wann und ob die Lieferung einsetzt, ist nicht bekannt“ – stand in der „Funkschau“.

 

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Bericht aus der „Funkschau“, Heft 2/1977

 

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Bericht aus der „Funkschau“, Heft 16/1977

 

Die 1977er-Bilanz aber sah nicht so aus, wie die Geschäftsführung es sich gewünscht hätte. Die „Funkschau“ schrieb im Heft 16/1978: „Loewe Opta hatte 1977 kein gutes Jahr, wie aus dem Geschäftsbericht hervorgeht“. Es folgte das übliche: weitere Personalreduzierung, und „oben“ drehte sich wieder das Personalkarussell. Auch das nützte nichts – die Firma musste verkleinert werden. Schon 1967 war das Radiowerk Düsseldorf verkauft worden, jetzt sorgte ein Entschluss von größerer Tragweite für Entsetzen in der Branche: Loewe-Opta gab das zwischen 1939 und 41 errichtete Stammwerk in Berlin – die Produktionsstätte der Loewe HiFi-Geräte – auf.

 

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Bericht aus der „Funkschau“, Heft 26/1978

 

Ob das Ausscheiden des technischen Geschäftsführers mit der Auflösung des Berliner Werkes im Zusammenhang stand, ist nicht bekannt. Dieter Motte wurde nun auch für das Ressort Technik zuständig. Konsequenterweise hätte hier – mit der Aufgabe des Berliner Werkes zum 30. Juni 1979 – die „Loewe-Radiogeschichte“ zu Ende sein müssen. Bei den nach 1978/79 unter „Loewe-Opta“ offerierten Receivern bzw. HiFi-Anlagen handelt es sich schließlich um Fernost-Produkte in Gehäusegestaltungen, welche von Loewe-Designern entworfen wurden.

 

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Bericht aus der „Funkschau“, Heft 5/1979

 

Die Historie der Firma in den nachfolgenden „Fernseh-Jahren“ soll aber nicht gänzlich übergangen werden.Weiter ging‘s mit Verlusten – 1978 waren es 15,6 Millionen DM – auch 1979 musste ein weiterer Umsatzrückgang hingenommen werden. 1980 versuchte es Loewe mit einem neuen Design und brachte die so genannten „Slim-Line Anlagen“ auf den Markt. 1985 erwarb die Loewe Managemant GbR 51 % der Anteile – BMW 23 %. Die Sterne standen schon seit Mitte der Siebziger nicht mehr günstig – für die deutsche Rundfunkindustrie – auch Loewe-Opta war der japanischen Konkurrenz nicht gewachsen. 1991 verkaufte die Loewe Management GbR ca. 50 % ihrer Anteile. Matsushita (Panasonic) übernahm sie; und zwei Jahre später auch den BMW-Anteil. Für die Japaner war das Loewe­ Know­how begehrenswert und der Technologieaustausch entwickelte sich für beide Partner gewinnbringend. Der Beweis für die Leistungsfähigkeit des Kronacher Werkes war die Tatsache, dass dort „Panasonic“­ Geräte gebaut wurden, dass „Loewe“­ Fernseh Geräte sogar in andere Erdteile exportiert werden konnten, und dies auch noch mit schwarzen Zahlen im Geschäftsergebnis.

 

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Bericht aus der „Stuttgarter Zeitung" vom Februar 1992

 

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Aus der „Stuttgarter Zeitung" vom Dezember 1997

 

Ende 1995 ging die Mehrheit von Loewe-Opta an das Management. Anfang 1997 wurde die "Loewe-Kfz-Elektronik" an den US-Konzern United Technologies verkauft und Ende 1997 stieg Matsushita wieder aus. 1998 wurde Loewe „75“. Die Geschäfte liefen jetzt nicht schlecht – um die Jahrtausendwende ging es der Firma gut – Im Jahr 2000 verkündete man sogar einen Gewinnsprung.

2003 waren solche Erfolgsmeldungen nicht mehr zu vernehmen. „Nach einem schwachen ersten Quartal hat die Loewe AG ihre Erwartungen für 2003 deutlich zurückgeschraubt“ – stand in der Tagespresse. Indes – Grundig war jetzt am Ende, und dieses Ereignis hätte dem Hause Loewe, in dem seit 1990 Dr. Rainer Hecker das Ruder führte, neuen Auftrieb geben können. Aber schon im Oktober 2003 mussten die Kronacher Kurzarbeit anmelden.

 

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Die neuerliche Krise wollte nicht enden. 2003 entstanden hohe Verluste; 2004 folgten weitere. Nach Auffassung von Branchenkennern hatte Loewe die neue Technologie der Flachbild-Fernsehapparate zu spät forciert. Da mag was dran sein – die Flachbildschirme waren aber auch gar nicht so leicht zu beschaffen. Dr. Hecker suchte in der Not nach einem Investor – Sharp half mit einer Kapitalspritze in Millionenhöhe. Trotzdem – Loewes Existenz war bedroht. Konnte denn ein auf ca. 1000 Mitarbeiter geschrumpftes Unternehmen in dieser umkämpften Branche noch überleben? Es konnte. Mit ausgereiften Produkten im Hochpreis-Sektor wurde Loewe wieder erfolgreich. Für Dr. Hecker war es eine besondere Freude, den Betriebsangehörigen die in der Krisenzeit zurückgehaltenen Löhne mit hohen Zinsen auszahlen zu können. Hoffen wir, dass es auch künftig so bleibt – es wäre doch jammerschade, wenn der Name Loewe, welcher dank des Rundfunk- und Fernsehpioniers Siegmund Loewe seit 1923/24 einen guten Ruf genoss, auch noch von der Bildfläche verschwinden würde – wie all die andern aus den Zwanzigern.

Der Radiosammler sucht bevorzugt Loewe­ Vorkriegsgeräte, speziell natürlich die mit Mehrfachröhren bestückten. Aber auch unter den Nachkriegsgeräten gibt es begehrte Stücke. Dazu zählen: der hübsche Zwergsuper 3516 GWT (1946) mit den Korbgeflecht ­Türchen, der im „Empfänger Vademecum“ 1948 beschriebene ("erste Kronacher“) Opta 547 W, der Berlin (1949), der kleine Hausfreund 2151 GW (1951), das Patrizier­ Studio 4753 W mit Optaphon, dem ersten Kassetten ­Tonbandgerät (1952), das Spinett 551 TP sowie Palette 763 W (beide 1954/55), und schließlich der Spitzensuper Hellas 841 W von 1955 bzw. dessen Nachfolgemodelle.

 

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Diesen Kobold 5962 TR aus dem Baujahr 1961 bezeichnete die Loewe-Leute als einen „schnurlosen Volltransistor-Tischempfänger“. Transistor-Kofferradios gab es schon, aber der  Loewe-Kobold war der erste deutsche, mit Transistoren bestückte, „Heimempfänger“ dieser Art. Zum Betrieb setzte man zwei gewöhnliche 4,5-Volt-Taschenlampenbatterien ein. Das 2,7 kg schwere, mit vier Germaniumdioden und neun Transistoren bestückte Gerätchen empfängt die Mittelwelle mit der eingebauten Ferritantenne, KW und UKW mit Teleskopantenne. Gleich gestaltet ist das Modell 5961 mit den Bereichen Mittelwelle, Langwelle und UKW. Man konnte die „Kobolde“ in beige/grau oder beige/rot haben; auch ein Köfferchen gab es dazu. 

 

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Schon 1964 konnte man zum Preis von DM 668.- solch einen Loewe-Stereo-Phonosuper kaufen. Das Besondere an ihm ist der abtrennbare Lautsprecher (siehe Kapitel 8.13) zur Erweiterung der Stereo-Basis. Hier abgebildet ist das Modell Luna-Phono Stereo 82075 von 1967/68. Drin sind sechs Röhren (ELL 80 in der Endstufe), 3 Transistoren und elf Halbleiterdioden.

 

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In der hauseigenen Loewe-Disign Abteilung wurde 1971 die „line 2001“ entworfen. Verschiedene Receiver wurden nach ihr gestaltet, u. a. 1974 auch das hier abgebildete Modell Juwel sensotronic, bei dem sechs programmierbare Stationen über die Sensor-Drucktasten ausgewählt werden können.

 

Außer wenigen Nachkriegserzeugnissen wurden sämtliche Loewe-Opta-Radios einschließlich der 70er HiFi­ Geräte im Stammwerk Berlin gebaut (die in Düsseldorf gebauten findet der Leser im Abschnitt 9.93, Opta Spezial). Nachdem das heute unter Denkmalschutz stehende Berliner Werk 1978 der Firmensanierung zum Opfer fiel, endete die Loewe-Opta Radio bzw. HiFi-Geräte Produktion. In den Katalogen findet man letztmals für das Modelljahr 1978/79 die Typen SDK 834, SDK 900 und SDK 904. Schlusslicht war das Modell SDK 905.

 

 

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